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Ich war gerade neunzehn geworden und besuchte meine Freundin in der winzigen Stadt in der sie lebte. Der Name der Ortschaft war mir entfallen, aber letztlich war das auch nicht wirklich wichtig. Jede Kleinstadt die sich außerhalb einer Großstadt angesiedelt hat, sieht für mich komplett gleich aus. Unaufgeregt, trist, farblos und ohne Besonderheiten. Eine Ansammlung von Wohnhäusern, kleinen Geschäften und hier und da einem Gasthaus, welches Heiterkeit und Vergnügen vortäuschen soll. Dazwischen befinden sich kilometerlange Straßen die Stadt A mit Stadt B verbinden. Am Wegesrand wird dann wiederum Landwirtschaft betrieben. Sterbenslangweilig!
Warum Melissa partout diese Monotonie nicht hinter sich lassen wollte war mir vollkommen rätselhaft. Der Ort an dem man aufwächst ist selten frei wählbar. Der Ort an dem man sein Leben entfalten möchte jedoch schon. Absolut unsinnig, nicht so schnell wie möglich ein solches Kaff zu verlassen, sobald man den Schulabschluss in der Tasche hat. Doch Melissa ist auch noch zurückgekehrt. Nach einem Jahr Großstadt entschied sie sich, dass es auf dem Land doch wesentlich angenehmer sei. Die Vermutung lag nah, dass sie einfach nur überwältigt und überfordert von den Ansprüchen und der schier riesigen Auswahlmöglichkeit einer Großstadt war. Feige war sie in meinen Augen. Versagt hatte sie. Ein Armutszeugnis.
Warum Melissa partout diese Monotonie nicht hinter sich lassen wollte war mir vollkommen rätselhaft. Der Ort an dem man aufwächst ist selten frei wählbar. Der Ort an dem man sein Leben entfalten möchte jedoch schon. Absolut unsinnig, nicht so schnell wie möglich ein solches Kaff zu verlassen, sobald man den Schulabschluss in der Tasche hat. Doch Melissa ist auch noch zurückgekehrt. Nach einem Jahr Großstadt entschied sie sich, dass es auf dem Land doch wesentlich angenehmer sei. Die Vermutung lag nah, dass sie einfach nur überwältigt und überfordert von den Ansprüchen und der schier riesigen Auswahlmöglichkeit einer Großstadt war. Feige war sie in meinen Augen. Versagt hatte sie. Ein Armutszeugnis.
Die Anonymität einer Großstadt beängstigte sie. Die Stadt nahm ihr die Luft zum atmen, engte sie ein, widerte sie an. Ich sah das Problem nicht: Genau das ist doch der Vorteil! Anonym und doch in Gesellschaft sein zu können. Einsam aber umgeben von Menschen.
Um vier Uhr morgens noch etwas anders im Mondschein zu entdecken, als einen Blechkrug mit frisch gemolkener Milch. Es leuchtete mir einfach nicht ein, wie sie allen Ernstes das Landleben - die Kleinstadt, das Dorf, eine abgegraste Pampa – der pulsierenden Metropole vorziehen konnte. Zumal die Sache mit den LSD-Blättchen im Handschuhfach sehr deutliche Worte sprach. Rausch ist ja nur Verdrängung, Verneblung, Beschönigung und Abwendung von der tatsächlichen Realität. Diese ländliche Umgebung mit bunten Bildern und farbigen Tupfern zu verschönern war demnach unabdingbar. Das sie zu solchen Hilfsmitteln greifen musste, wenn doch alles soviel besser hier war als anderswo, bestätigte daher meine These.
Noch schlimmer war nur ihr unbändiges Gegacker. Mir wurde schwindlig ihrem debilen Lachen zuhören zu müssen und daher reckte ich meinen Kopf weit aus dem Autofenster, um den Fahrtwind als einzige Geräuschkulisse wahrzunehmen. Ich hoffte ein Briefkasten, wie er auf amerikanischen Dörfern gern an den Straßenrand gebaut wurde, würde mich von meinem Leid erlösen.
Um vier Uhr morgens noch etwas anders im Mondschein zu entdecken, als einen Blechkrug mit frisch gemolkener Milch. Es leuchtete mir einfach nicht ein, wie sie allen Ernstes das Landleben - die Kleinstadt, das Dorf, eine abgegraste Pampa – der pulsierenden Metropole vorziehen konnte. Zumal die Sache mit den LSD-Blättchen im Handschuhfach sehr deutliche Worte sprach. Rausch ist ja nur Verdrängung, Verneblung, Beschönigung und Abwendung von der tatsächlichen Realität. Diese ländliche Umgebung mit bunten Bildern und farbigen Tupfern zu verschönern war demnach unabdingbar. Das sie zu solchen Hilfsmitteln greifen musste, wenn doch alles soviel besser hier war als anderswo, bestätigte daher meine These.
Noch schlimmer war nur ihr unbändiges Gegacker. Mir wurde schwindlig ihrem debilen Lachen zuhören zu müssen und daher reckte ich meinen Kopf weit aus dem Autofenster, um den Fahrtwind als einzige Geräuschkulisse wahrzunehmen. Ich hoffte ein Briefkasten, wie er auf amerikanischen Dörfern gern an den Straßenrand gebaut wurde, würde mich von meinem Leid erlösen.
Wenn ich jetzt...also nur ein bisschen mehr...sicher es wäre schmerzhaft...aber dann auch...verstehen sie...egal, es könnte tödlich sein. Und ich hätte dieser gram ein ende ... Oh, bitte, kommt und holt mich!
Ich hatte oft aus dem Bedürfnis der Veränderung immer wieder Berlin verlassen. Flucht, so wurde mir unterstellt, sei das. Ein schreckliches Wort. So negativ und abwertend, dass es auf mich nicht zutreffen konnte. Neugier klang weitaus angenehmer. Abenteuerlust, hmmm, so draufgängerisch.
Deutsche Gemeinden, amerikanische Vororte, griechische Dörfer, chinesische Metropolen oder britische Citys – Hauptsache weg aus dem mir vertraueten Berlin. Zurückkehren würde ich eh immer wieder. Zu eng die Bindung, zu vertraut das Gefühl der Heimkehr, zu schwermütig die Seele. Auswanderer mögen sich als mutig verkaufen; dauerhaft der Heimat den Rücken kehren war für mich allerdings mehr als nur eine Flucht. Es war der Beweis, an einem Ort versagt zu haben. Melissas Rückkehr konnte ich daher nicht als Heimkehr betrachten - zurück in den Schoß der Langeweile bedeutete Stillstand und das Eingeständnis, es in der großen weiten Welt nicht zu packen. Melissa unterbrach ihren hysterischen Lachkrampf:
"Ich verstehe gar nicht, warum du das Leben außerhalb der Großstadt immer so verteufelst und es dich dann doch dort fortzieht?"
Ohne den Straßenverlauf zu beachten drehte sie ihren Kopf in meine Richtung und starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an. Mit einem Mal war sie ganz nüchtern und stellte eine sehr berechtigte Frage. Dieses Biest mit ihren lichten Momenten. Ich ließ mich zurück auf den Beifahrersitz fallen
Sicher, ich beschwerte mich fortlaufend über die kleinsten Dinge oder unterstellte jemandem wie Melissa eine Unfähigkeit mit der Alltagshektik umgehen zu können. Nur zu Recht hinterfragte sie jetzt meinen Hass auf alles Gewöhnliche und meine liebgewonnene kosmopolitische Grundhaltung wurde in Frage gestellt.
Den wandelnden Widerspruch den ich in so vielem darstellte, bemühte ich mich ja auch gar nicht erst zu leugnen. Ganz im Gegenteil: Ich kokettierte fortwährend damit, etwas zu sagen aber etwas anderes zu denken und wiederum etwas komplett Gegensätzliches umzusetzen. Aber nicht absichtlich war ich die Inkonsequenz in Person. Schuld daran war ja wohl definitiv nicht ich.
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Sicher, ich beschwerte mich fortlaufend über die kleinsten Dinge oder unterstellte jemandem wie Melissa eine Unfähigkeit mit der Alltagshektik umgehen zu können. Nur zu Recht hinterfragte sie jetzt meinen Hass auf alles Gewöhnliche und meine liebgewonnene kosmopolitische Grundhaltung wurde in Frage gestellt.
Den wandelnden Widerspruch den ich in so vielem darstellte, bemühte ich mich ja auch gar nicht erst zu leugnen. Ganz im Gegenteil: Ich kokettierte fortwährend damit, etwas zu sagen aber etwas anderes zu denken und wiederum etwas komplett Gegensätzliches umzusetzen. Aber nicht absichtlich war ich die Inkonsequenz in Person. Schuld daran war ja wohl definitiv nicht ich.
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